Wir sind im Hafen Cherbourg Chantereyne und haben beschlossen einen Mietwagen zu nehmen und die Normandie zu erkunden. Seit Dieppe verfolgt uns der 70-jährige Jahrestag des D-Days (06.06.1944). Der D-Day ist der Tag, an dem die alliierten Truppen in der Normandie angelandet sind und Frankreich vom Hitler- und Naziregime befreit haben. Dieser Jahrestag wird überall groß gefeiert. Wir haben ein bedrückendes Gefühl, das sich nicht so recht beschreiben lässt, eine Mischung aus Scham und schlechtem Gewissen. Da wir beide nicht die Asse in Geschichte waren, sind wir da ziemlich übel rein getappt. Als Deutsche erkannt zu werden, ist in diesen Tagen nicht sehr angenehm. Ich versuche mein bestes, indem ich die Fragen in mittelmäßigem Schulfranzösisch stelle, auch die Bestellung im Café oder Restaurant, aber die Antwort der Franzosen erfolgt in Englisch oder wenn sie merken, dass wir Deutsche sind, auf Französisch.
Unsere erste Station auf der Normandie-Rundfahrt ist Bayeux, eine hübsche, fast mittelalterlich anmutende Kleinstadt mit der unvermeidbaren Kathedrale. Die Stadt könnte als Filmkulisse für einen Film, der 17. Jahrhundert spielt, herhalten. Nur aktuell sind alle Fenster wahlweise mit der amerikanischen oder kanadischen Flagge bemalt, auch Plakate mit Motiven von Fallschirmspringern und den angelandeten Schiffen sind auf allen Flächen zu sehen. Aus fast allen Fenstern hängen die Flaggen der Alliierten, über den Straßenzügen hängen Flaggen, manchmal ist sogar die europäische Flagge dabei. Bayeux war wohl die erste französische Stadt, die befreit wurde und General de Gaulle hat hier eine historische Rede gehalten. Wir fahren weiter nach Caen. Caen ist eine größere Stadt (auch D-Day-lastig), hat ebenfalls einen historischen Stadtkern mit dem Chateau de Caen, gotische Kirchen, eine kleine alte Innenstadt, die jedoch erst am Abend zum Leben erwacht. Unser nächstes Ziel ist der mondäne Badeort Deauville – könnte Nizza oder Cannes sein. Wirklich edel! Nur Autos der absoluten Oberklasse stehen hier rum. Abgedrehte Tanten mit toupierten Pudeln patroulieren durch die Straßen – wir mischen uns unter. Am ersten Straßencafé bekommen wir das 1:0 gegen Portugal durch den Elfmeter von Müller mit. Die WM in Brasilien ist bislang ziemlich spurlos an uns vorbei gegangen. Als wir zum 2. Mal an diesem Café vorbeilaufen, macht gerade Hummels das 2:0 – ich sag´ noch, da müssen wir nochmals vorbeilaufen, dann fällt das 3:0 und auch das 4:0, aber wir haben es erst mitbekommen, als wir bereits in Honfleur waren. Unsere nächste Station also Honfleur, gegenüber ist die Hafenstadt Le Harve. Hier mündet die Seine in den englischen Kanal. Honfleur war früher eine Künstlerkolonie, das ist heute noch zu spüren. Sehr sehenswert, jedoch wie alles Sehenswerte von Touristen überschwemmt – selbst in der Vorsaison. Mittlerweile ist es spät geworden und wir fahren zurück nach Cherbourg, heute sind wir über 600 km mit dem Auto unterwegs gewesen.
Für die Normandie stehen die 3 „C“: Cidre, Calvados und Camembert. Cidre ist Apfelmost und Calvados wird aus Apfelmost hergestellt, nur ich habe keinen einzigen Apfelbaum gesehen! Vorgestellt habe ich mir die Apfelgegend in etwa so wie die Bodensee-Region. Am ganzen See entlang, bis ins Hinterland, Apfelplantagen soweit das Auge blickt. Hier in der Normandie gibt es wirklich viel Landwirtschaft, Kühe, bzw. Kuhmilch für den Camembert und die unschlagbare Creme fraiche – aber keine Apfelbaumplantagen. Keine Ahnung woher die hier den Grundstoff für die ersten 2 C´s nehmen. Auf jeden Fall ist der Cidre durchgefallen, der schmeckt uns nicht so richtig, der Calvados ist hammerteuer (als Digestiv in Honfleur 10,50 €/Gläsle) also auch durchgefallen, bleibt der Original-Camembert (schmeckt lecker, riecht streng) er wurde von Walter nur zum openair-Essen an Deck freigegeben.