Seglerlatein ist deckungsgleich dem Jägerlatein. Man kann die Geschichten glauben oder auch nicht.
Eine Geschichte (die ist wahr) berichtet von einem Segler, der von einer ARC-Yacht, mitten im Atlanik, gleich zwei Mal über Bord sprang und, Gott sei Dank, beides Mal von seinem Mitsegler wieder auf-und eingefischt wurde. Er wurde zwar dann in seine Kabine eingeschlossen, was ihn aber nicht daran hinderte, weiterhin aussteigen zu wollen. Am Ende wurde er von einem herbeigerufenen Kriegsschiff abgeborgen und vor sich selbst geschützt.
Die letzten Tage auf See, aber auch schon die Überfahrt über die Biskaya haben mich im Geiste diesem Manne doch etwas näher gebracht. Um dies zu erklären muss ich etwas ausholen. Stellt euch mal vor ihr würdet in einem Straßenkaffee bei einem Glas Tee sitzen und irgendwoher aus einem Geräuschgewirr nur an der Art der Lautstärke den Duktus eine bekannte Stimme erkennen „Da sitzt doch irgendwo der Helmut“ , oder die Kirchenglocken in eurer Gemeinde. Jeder kennt den Klang die Abfolge der einzelnen Schläge, jeder weiß die Uhrzeit ohne hinzuschauen. Oder der Rasenmäher von meinem Nachbar. Ich würde den aus tausenden heraushören und ich würde wissen, wenn ich ihn höre, es ist Samstagmorgen 8:00 Uhr und der Herbert ist am Mähen. Diese Alltagsgeräusche erzeugen Bilder in unseren Köpfen, diese heben uns in eine andere Ebene nach der wir handeln. Wir sammeln diese Alltagsgeräusche und je älter wir werden, umso mehr Datensätze haben wir zur Verfügung. Bei mir sind es jetzt auch schon einige.
Auf einer dieser Nachtwachen auf dem Weg nach Porto Santo (Madeira Archipel) hörte ich nun ein Geräusch, das irgendwo am Schiff entstanden war. Im Mast, an den Wanten, am Geräteträger, von irgendwo hatte ich dieses Geräusch aufgenommen, welches mein Hirnschmalz erreichte und es dieses routiniert kühl und sachlich als ein Alltagsgeräusch identifizierte. Eine weitere Analyse ergab: Ein in weiter Entfernung fahrender Rettungswagen mit Sirene!!! Wie Bitte???? Ein in weiter Entfernung fahrender Rettungswagen, HIER auf dem Atlantik. 200 nm von der nächsten Landmasse entfernt? Womöglich mit Blaulicht? Hier zeigt sich das Problem, denn die gesammelten Datensätze stimmen nicht mehr mit der Realität überein, wir befinden uns in einer anderen Situation. Fast wäre ich dieser Fehleinschätzung erlegen, doch dann klatschte die nächste Atlantikwelle an den Rumpf der Sunrise und führte mich wieder ins richtige Bild. Segler sind halt doch etwas verrückt.
Anmerkung: Bei Überfahrten gilt auf der Sunrise grundsätzlich die 00,0 Promille Grenze!!!