4. Tag auf dem Atlantik

Kurz vor dem Abendessen geht der Wind auf 8 -10 Knoten aus NNE zurück. Unsere Kurslinie ist 220 Grad, also fast Südwest. Die Windstärke reicht jetzt schon wieder nicht zum Segeln. Die aus Südwest anrollende Dünung schaukelt das Schiff so auf, dass wir mindestens 15 Knoten Wind benötigen, um genügend Fahrt im Schiff zu haben. Dann laufen die Wellen einigermaßen harmlos unter dem Heck durch und die Hin- und Herschaukelei –nicht auf und ab – hält sich in Grenzen. So also muss uns wieder der Otto mit 6 Knoten durch die Nacht schieben. Die Wettervorhersage hatte uns für Montag und Dienstag 4-5 Beaufort aus N bis NE, Böen mit 6 Beaufort vorhergesagt. An der portugiesischen, spanischen und marokkanischen Atlantikküste war sogar Starkwind vorhergesagt, ich hoffe, dass es dort auch 2 Beaufort weniger waren, denn zumindest an der portugiesischen Küste werden in diesen Fall die Häfen geschlossen werden, da die Einfahrt wegen den hohen Wellen zu gefährlich ist. Alle Segler, die wir seit A Coruna in den verschiedensten Häfen wieder getroffen haben, sind noch an der portugiesischen Küste unterwegs. Viel Glück euch Allen und immer eine Handbreit „Porto“ in der Bilge, wahlweise auch Sherry.
Ja Marokko, also Afrika, liegt mittlerweile links von uns, wir sind „Jenseits von Afrika“.130 Seemeilen bis Porto Santo, Madeira. Heute übernimmt Walter die Hundewache von 1 Uhr oder 2 Uhr an bis 6 oder 7 Uhr, je nachdem, wann ihm das Gesicht einschläft. Die ersten drei Nächte habe ich die Hundewache gemacht, da ich vor 12 Uhr überhaupt nicht schlafen kann und nach 1 Uhr auch nur bedingt. In meinem riesigen Doppelbett in der Achterkoje zu schlafen geht schon mal gar nicht. Ich würde nur von einem Rand zum anderen rollen. Querschlafen, sodass das Kopfkissen an der Backbordwand und die Füße sich an der Steuerbordwand abstützen geht auch nicht. Ich bin zu kurz dafür. Und außerdem wären immer abwechselnd der Kopf oder die Füße im Wellental und das könnte mein Gleichgewichtssinn wohl dann doch nicht verkraften. Wir schlafen momentan abwechselnd auf der Backbord-Salonbank, 60 Zentimeter, das geht, solange man/frau sich nicht umdrehen will. Einzig die Geräusche stören. Der Sound vom Dieselmotor (wenigstens monoton gleichmäßig), das Scheppern vom Backofenrost (jetzt ausgestopft mit Duschtuch), das pfeifende Gequietsche unter der Spüle (3 Nächte lang nicht gefunden), das Umherfliegen der Hafenhandbücher (eigentlich im Bücherschapp durch Metallstange gesichert, jetzt noch ein Buch dazwischen gerammt, dass sich nichts mehr bewegt), das Klappern der Kaffeetassen in der Spüle… Wo hin sonst mit dem dreckigen Zwischendurchgeschirr? Eine Mütze Schlaf bekomme ich immer.
Die Nachtwachen sind nicht anstrengend. In der Nacht vom 11. auf den 12. August habe ich unzählige Sternschnuppen gesehen. Alle sind aus der Richtung der Plejaden* ins Wasser gefallen. Bei einigen war ich sogar mit dem Wünschen so schnell, dass viele gute Wünsche nach Hause zur Familie geschickt wurden.
*Plejaden: Sternenhäufung in der Nähe des Himmels-W (Cassiopeia), aktuell von meiner Position aus im Nordosten, in Laufe der Nacht nach Nordwest drehend. Ich saß mit dem kleinen Sternenbuch im Cockpit und habe versucht einige Sternbilder zu erkennen. Nur der helle Vollmond und die vielen Wolken haben mein Vorhaben sabotiert. Ich bleibe dran. Es gab auch hallo Wach Momente: Bei einem Rundumblick auf einmal ein neues weißes Licht hinter mir am Horizont – Mist, Hecklicht vom Frachter, den ich nicht gesehen hatte? Oder Dampferlicht von einem Segler hinter mir? Das kommt aber näher, wird größer? Es war ein heller Stern, der im Nordosten aufging und langsam am Horizont nach oben stieg. Wie der shocking Stern heißt, habe ich nicht rausgefunden.