Bordalltag und Ankunft in Porto Santo

Der Bordalltag wird unterbrochen von vielen witzigen Begebenheiten. Frühstücksbrot, zur Sicherheit an der Spüle geschmiert und belegt, verlässt im Cockpit bei der ersten Welle den Teller und fliegt Richtung Walter. Käsescheibe klebt an ihm und das Butterbrot, mit der schmierten Seite nach unten, auf dem Teakdeck. Gibt schöne Fettflecken, bei allen Beteiligten. Überhaupt sieht man auf dem Cockpittisch und darunter, was es in den letzten Tagen zum Essen gegeben hat. Schöner Kringel vom Spaghetti mit Pesto, Flecken vom Wegflugsalatdressing usw. Tägliche Beweglichkeitsübung ist die Morgentoilette im Bad: Knapp zwei Liter warmes Wasser ins Becken, mehr würde drüber schwappen. Vier Einmalwaschlappen aus dem Badschrank, einhändig, weil die andere Hand benötigt wird, den Restinhalt des Badschranks vor dem Abflug zu retten. Komplett ausziehen. Zwei Waschlappen nass machen und mit Duschgel durchtränken, von oben nach unten arbeiten und ab dem Äquator den zweiten Seifenlappen nehmen. Nicht, unter gar keinen Umständen die Lappen im Wasser auswaschen, da das klare Wasser sonst unbrauchbar wird. Seifig und dreckig wegschmeißen. Unglaublich, wie dreckig die Luft selbst hier draußen ist. Jetzt selbe Prozedur mit den nassen Lappen ohne Seife um die Seife vom Körper zu kriegen, hier darf zwischendurch ausgewaschen werden. Das alles mit einer Hand, da die andere zum Halten benötigt wird. Ganz toll ist Haare waschen mit dem Kopf im Waschbecken und dem Duschschlauch in der Hand. Geht nur im kleinen Bad vorne mit geschlossener Türe. Hintern an der Türe, linkes Knie an der Toilette und rechtes Knie am Waschtischunterschrank, so verkeilt den Kopf übers Waschbecken. Das geht natürlich nicht ohne mächtige Spritzerei und Druckstellen an den beteiligten Körperteilen. Für das Komplettprogramm ist schon eine Stunde zu kalkulieren.
Essenszuereitung: Im Hafen vorkochen. Gekochte Nudeln halten sich gut im Kühlschrank. Pastasauce auch. Gestern musste frisch gekocht werden: Kartoffelgratin und Schwäbisch Hällisches aus der Dose. Kartoffeln aus dem Vorschiff kramen, in der Plastikwanne ins Cockpit reichen, am Cockpittisch sitzend (da so 2 Hände frei) schälen, unten kurz abwaschen und oben mit dem Gurkenhobel in feinste Scheiben hobeln und in die Glasform schichten. Gewürze und Sahne drüber und in den Backofen. Der Backofen nervt uns schon längere Zeit, weil er immer ausgeht. Beim Backen läuft das so, dass sich Walter auf den Boden vor den Backofen setzt und die Sache überwacht. Der Backofen geht immer mal wieder aus und es muss ab und zu die heiße Auflaufform mit den feuerfesten Handschuhen wieder aus dem Ofen rausgenommen werden (wo stellt man das heiße Teil jetzt ab?) da sonst der Backofen nicht wieder angemacht werden kann, die elektronische Zündung geht nämlich nicht. So sind wir beide voll in den Prozessen drin, ich mit den feuerfesten Handschuhen und Walter mit dem Stabfeuerzeug. Die einfachste Übung ist die Dose mit dem Fleisch aufzumachen, ins Töpfchen geben und auf der kleinen Gasflamme zu erwärmen. Ich denke, der Backofen hat seine Lebensarbeitszeit bei uns am Bord erreicht und muss ausgetauscht werden. Ist ein französisches Modell und für 5 Jahre alte Modelle gibt es keine Ersatzteile (Zündsicherung) mehr. Das Backofenthema bereits steht in einem Bericht übers Winterlager 2011/2012 drin. Beteiligt ENO, Frankreich und Bukh, Bremen.
Auch das Abspülen ist eine Herausforderung bei Seegang. Schmutziges Geschirr muss abflugsicher abgestellt werden, gespültes ins Abtropfgitter und gleich abgetrocknet und verstaut werden. Für das Geschirrspülen geht das meiste Frischwasser drauf. Das muss halt sein. Für 7 bis 10 Tage haben wir keinerlei Wasserprobleme, für längere Zeiträume müssen wir uns was überlegen. Plastikteller, Pappbecher und Wegwerfbesteck sind mülltechnisch gesehen auch keine Lösung.
Thema Plastikmüll: Unglaublich, wie viele PET-Flaschen, Plastiktüten, Styroporverpackungen im Atlantik schwimmen, hauptsächlich küstennah, aber auch hier draußen. Der Plastiktütenwahn in den Supermärkten in Spanien und Portugal ist unglaublich. Die Kassiererin packt in unglaublicher Geschwindigkeit die Einkäufe nebenbei in zig Plastikbeutel. Schwierig ihr zu erklären, dass die Sachen alle uneingetütet in den Rucksack und die Einkaufstasche dürfen. Wir haben mittlerweile bereits ein Mülltütenstauproblem.
Den Text habe ich unterwegs im Cockpit geschrieben und nun sind wir sicher im Hafen von Porto Santo angekommen. Leider läuft zur Zeit irgendeine Regatta, sodass wir morgen schon wieder aus dem Hafen raus müssen. Als Alternative können wir im Hafen ankern und ab Sonntag Abend wieder an die Anleger gehen. Walter hat entschieden, dass er das Beiboot nicht aufpumpen will und wir deshalb gleich morgen weiter nach Madeira segeln und dort einige Tage verbringen werden – solange es uns gefällt. Wir kommen aber anschließend wieder nach Porto Santo zurück.