Madeira Nord_Ost

Die Nordküste von Madeira ist schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, das heißt zu erreichen schon, aber man kommt am gleichen Tag mit dem Bus nicht mehr nach Quinta do Lorde zurück. Wir fahren mit dem Mietwagen heute wieder an die Nordküste. Von Machico aus über Porto da Cruz, Sao Roque do Faial, Faial nach Santana. Besichtigen die im Reiseführer jeweils beschriebenen Highlights. Das besondere Highlight in Santana sind die Casa de Colmo, Hütten mit Strohdach. Ein mit Originalmobiliar ausgestattetes Museums-Strohhaus steht neben dem größten Restaurant in Santana. Es zeigt die spartanischen Wohnverhältnisse auf dem Land noch vor wenigen Jahrzehnten. Die Gemeinde Santana hat einige der historischen Strohhäuser zusammengetragen und in einem Themenpark ausgestellt. Außer den Strohdachhäusern werden im Themenpark den Besuchern Rundfahrten mit Ochsenschlitten und mit winzigen Fischerbooten auf einem künstlichen Teich, Bungeejumping und Schauwerkstätten mit einheimischem Kunsthandwerk angeboten. Wir verzichten und fahren weiter nach Sao Jorge. Nach mehrmaligem Falschfahren, es gibt keine Wegweiser oder Straßenschilder (zumindest haben wir keine gesehen), bei jeder Abzweigung nach Gefühl abgebogen, finden wir doch tatsächlich die Straße zur Levada do Rei. Die Levada-Wanderung hat einen geringen Höhenunterscheid und bietet sich für den heutigen Nachmittag an. Die Wanderung wird als Wanderung mit Schwindelgefahr beschrieben. Anfangs noch auf breitem Weg durch Mischwald, durch üppigen Lorbeerwald, dann teils auf 30 cm breitem Weg direkt direkt am Fels entlang, also rechts die Levada, dann der Weg und links NICHTS. Die Wege sind jedoch gut mit Stahlseilen gesichert, sodass keine Absturzgefahr besteht. Spektakulär ist es jedoch schon. Wir sind fast alleine unterwegs, auf den 10 Kilometern begegnen uns ungefähr 10 Leute. Wir genießen die Ruhe und die Bewegung in der feuchtkühlen Luft. Die jahrhundertealte Wassermühle in Sao Jorge, die wir noch anschauen wollten, war zugeschlossen. Im Anschluss an die Wanderung fahren wir auf der abenteuerlichen Bergstraße 103 nach Ribeiro Frio. Hier ist eine Forellenzucht mit Restaurant – aber leider am Samstag geschlossen. Weiter geht es nach Camacha. In Camacha war das Korbflechterhandwerk zu Hause. Wir geraten mitten in das Festa do Senor. Die Straßen sind mit Blumengirlanden und weißen Flaggen mit rotem Kreuz, dem Symbol des Christusritterordens, geschmückt. Die Dorfjugend trägt die traditionelle Kleidung mit einen witzigen Hut. Der Hut sieht aus wie ein Klopapierrollen-Häkelüberzieher mit Antenne oben drauf. Auf dem Kirchplatz werden traditionelle Tänze und Reigen aufgeführt. Nebenan auf dem Dorfplatz dröhnt die Discomusik, riesige Fässer mit Holzfeuer liefern den Disconebel – nur nebenbei. Hauptsächlich werden auf den Holzfeuern die Espetada-Spieße (aufgespießte Rindfleischwürfel mit Lorbeer und Knoblauch gewürzt) gegrillt. Uns erschließt sich das System zum Erwerb der Spieße nicht und aufgrund des Lärmpegels können wir es auch nicht erfragen. Auf jeden Fall gibt es einen Kühlwagen, in dem ein halbes Rind hängt und der Metzger geht immer wieder rein und schneidet einige Kilo Fleisch ab. Vor dem Kühlwagen steht ein Tapeziertisch auf dem das Fleisch mit Beil, Eisensäge und Messer in Würfel geschnitten und auf einen Metallspieß aufgezogen wird. Die Leute laufen mit dem rohen Fleisch zu einem der Holzfässer und grillen ihren Spieß – so oder ähnlich läuft das ab. Klassisch werden die Fleischwürfel auf einen Lorbeerspieß aufgezogen, aber ich denke, dass hier der Schwund an Fleischstücken zu groß ist, falls der Lorbeerzweig Feuer fängt. Wir haben Hunger, schon aufgrund des Grillgeruchs. Das Café Restaurant Relógio hat trotz der Festivitäten offen und wir bekommen dort noch ein Abendessen – wir sind die einzigen Gäste und in der Küche wird bereits zur Discomusik mitgesungen und mit dem Abwasch geklappert. Wir essen und bezahlten recht zügig, damit das Personal das Fest genießen kann. Zurück in Quinta do Lorde parken wir den Mietwagen vor dem Resort und werden vom Anführer einer Meute wilder Hunde gestellt. Der Kerl fletscht die Zähne, bellt wie irre und will uns doch tatsächlich angreifen. Rückwärtsgehend, den Rucksack schützend vor dem Körper erreichen wir den Eingang. Der Wachmann hört das Gebelle, kommt mit einer starken Taschenlampe raus und verscheucht den bekloppten Köter.