Die Nacht von Freitag auf Samstag hatten wir in der Waschmaschine, bzw. an der Mooringboje vor Oranjestad/St. Eustatia verbracht. Schlaf haben wir nicht viel bekommen, ich hatte mich sogar mittschiffs in unsere Seekoje (auf die Salonbank) gelegt. Dort waren die Schiffsbewegungen am erträglichsten. Früh am Morgen, kurz nach sechs Uhr verließen wir Oranjebaai. Kurs Nevis. Dort, vor Charlestown haben wir um die Mittagszeit die vorletzte Mooringboje bekommen. Hier wollten wir ordnungsgemäß einklarieren, mussten jedoch zuvor noch unser Beiboot aufpumpen. Mittlerweile war es dann 15 Uhr. Die Strecke zum Dinghidock ist ziemlich weit, circa 15 Minuten mit dem kleinen Pisser (unser 4 PS Außenborder für das Dinghi). Gegen 15:30 Uhr waren wir bei der Port Authority, beim Zoll und bei der Immigration, die praktischerweise in einem Gebäude untergebracht sind. Zoll und Immigration arbeiten am Samstagnachmittag nicht. Wir sollten am Sonntagvormittag um 9 Uhr wiederkommen.
Am Sonntag, kurz nach 9 Uhr, waren bereits vier Crews vor dem Office in der Warteschleife. Eine lustige, typisch karibisch dralle Officedame gab im schattigen Garten vor dem Office die Alleinunterhalterin. Zwischendurch simste sie immer wieder mit den verschiedenen Verantwortlichen und erkundigte sich nach deren Verbleib. Um die Wartezeit abzukürzen kassierte sie schon mal vorab die Gebühren. Wir durften 120 EC $ bezahlen – das Doppelte. War ja schließlich Sonntag. Gegen 10:30 Uhr kam die Nachricht durch, dass Zoll und Immigration bald öffnen werden – die heilige Messe am Sonntag war nämlich zu Ende. Der Hafenkapitän gehörte wohl einer anderen Konfession an, denn er kam erst um 11 Uhr. Schick mit Anzug, weißem Hemd und Krawatte. Er entschuldigte sich vielmals und rief die Crews der Reihe nach auf und ganz flott wurden wir nacheinander abgefertigt. Der nette junge Mann vom Zoll sah, dass wir aus dem zollfreien St. Martin kamen und fragte nach Alkohol, Zigaretten, Zigarren, Waffen, Haustieren und Pflanzen. Nein, wir doch nicht. Wir haben keine Waffen und Haustiere und auch sonstige böse Sachen nicht. Ich denke, er weiß ganz genau, dass Segler nichts gegen einen Sundowner, ein Bierchen oder Wein einzuwenden haben. Er muss eben diese doofen Fragen stellen. Er kassierte 30 EC $ und damit war der Behördengang erledigt.
Wir hielten Ausschau nach einem Taxi für eine Inselrundfahrt. Vor dem Office stand ein verwaistes Taxi, aber der Fahrer fehlte. Es stellte sich heraus, dass der Taxifahrer auch gleichzeitig der Pastor ist und der hatte jetzt seine Mittagspause redlich verdient. Gleich zwei verschiedene Personen boten ihre Hilfe an, um uns ein Taxi zu besorgen. So kamen wir zu einer Inselrundfahrt mit einer Hobbyhistorikerin. Sie erzählte uns sehr viel über die Auseinandersetzungen zwischen den Britten und den Franzosen im 17. und 18. Jahrhundert und über die Sklaverei. Die Britten und die Franzosen kloppten sich nicht nur in Europa, sondern vorwiegend in der Karibik um die Inseln. Letztlich blieb Nevis britisch, bzw. ist seit 1983 unabhängig. Unsere Reiseführerin fuhr mit uns zu den ehemaligen Zuckerrohrplantagen. Auch zu der Plantage wo Admiral Lord Nelson seine erste Frau Frances Nisbet ehelichte. Zuckerrohr wird heute auch auf Nevis nicht mehr angebaut. Einige der Plantagen sind jetzt noble Hotels und Restaurants. Wie auch auf den anderen Inseln stellen die Anlagen für die Touristen einen extremen Gegensatz zum lokalen Umfeld dar. Aber so ist es eben.
In der Hauptstadt Charlestown gibt es einige schön restaurierte kreolische Holzhäuschen und einige Häuser aus Stein, die noch aus dem 17. Jahrhundert stammen und die Erdbeben und Hurrikane überstanden haben.