Der Wecker klingelt um 8:00 Uhr und die Regentropfen prasseln auf das Deck. Also noch mal rumdrehen. Nach dem Frühstück regnet es zwar nicht mehr aber es ist stark bewölkt und der Wind bläst immer noch aus der falschen Richtung nämlich von Osten. Wir wollen ja immer noch nach Wismar, also nach Südosten. So fassen wir den Plan eben zunächst Süd zu machen und dann, so die Vorhersage am Freitag stimmt, wenn der Wind dreht, nach Osten zu segeln. Unser Tagesziel ist heute damit Strande am Eingang zur Kielerförde. Aus der Schlei geht es unter Motor. Sobald wir die Ausfahrt bei Schleimünde hinter uns haben setzen wir die Segel. Nach den Erfahrungen vom Vortag, als wir viel zu viel Tuch stehen hatten, haben wir schon in Kappeln das zweite Vorstag gestellt und nun die kleine Fock gesetzt. Es ist wie verhext. Bei wenig Windvorhersage laufen wir mit Vollzeug aus und haben viel Mühe das Schiff zu Händeln, weil doch ordentlich Wind weht. Bei Windvorhersage die für eine kleinere Besegelung sprechen würde, ist unser kleines Segel zu wenig um das Schiff zum Laufen zu bringen. Wir sind genervt und müssen auch noch wegen eines Sperrgebietes aufkreuzen, die kleine Fock zieht bei 10Kn Wind eben nicht richtig und wir überlegen,ob wir die Segel wechseln. Bis wir endlich ausdiskutiert haben sind wir schon so weit draußen, dass wir genügend Wind haben. So beginnt das Schiff zu laufen und es ist ein entspanntes Segeln. Nichts ist mehr zu tun, das Schiff läuft einfach nur seinen Weg mit ordentlichen 5-6 Kn Speed und angenehmer Krängung.
Wer nichts zu tun hat, kommt schon mal auf dumme Gedanken! Schon lange war uns wichtig zu wissen, ob uns auch andere Schiffe gut erkennen können. Unser AIS–System zeigt uns zwar alle Schiffe in der Umgebung die auch dieses System an Bord haben, für die Berufsschifffahrt ist es sogar zwingend, aber wer sagt uns ob unser AIS auch ordentlich sendet? Also beschließen wir das nächste Schiff, welches ein AIS Signal abgibt über Funk anzurufen und einfach mal zu fragen ob die uns sehen. Dieses Schiff ist die HDW Herkules nach den Angaben vom AIS ein Schlepper Typ Safety Submarine. Wir rufen dieses Schiff per UKW-Funk an. Der freundliche 1.Offizier auf der Brücke meldet sich auch sofort und antwortet uns mit unserer vollen Kennung, also alles in Ordnung, die sehen uns. Für uns ist der Funkverkehr damit erledigt, nicht aber für die HDW Herkules. Der Offizier auf der Brücke teilt uns mit, dass die uns eh schon lange auf dem „Schirm“ hatten. Die HDW Herkules ist nämlich das Sicherungsfahrzeug für ein auf Sehrohrhöhe abgetauchtes U-Boot, das genau unsere Kurslinie läuft. Der Offizier bittet uns den Kurs nach Backbord zu ändern, dies geht aber nicht, da wir eh schon hoch am Wind sind. Alternativ fallen wir um 30 Grad ab und bleiben Stand by und warten auf weitere Instruktionen. Wir können den Funkverkehr von HDW Herkules und dem U-Boot mithören und irgendwann sehen wir in der Ferne eine hochkant durchs Wasser schießende Dachrinne (wohl das Sehrohr). Ein weiterer Kollisionsgegner taucht auf und wird von der HDW Herkules per Funk angerufen. Es ist eine Fähre mit Kurs auf Kiel. Der 1.Offizier der HDW Herkules möchte die Fähre auch nach Süden umleiten, was der Kapitän mit der Begründung ablehnt: „Ich habe Gäste an Bord, wenn ich nach Süden abdrehe, fahre ich voll gegen die Welle, dann kotzen die Alle“. Auch hier fand sich ein geeigneter Kurs und bevor wir dann am Stollergrund auf Grund gelaufen sind, hat uns der freundliche Offizier der Herkules auf den alten Kurs gelassen. Das ganze Manöver war nun aber auch das Ende unseres gemütlichen Segelnachmittags. Der Wind schlief kurz vor Kiel-Leuchturm ein. So haben wir die Segel geborgen und sind unter Motor um17:00 in die Marina in Strande eingelaufen.