Nach einer Stippvisite auf Bonaire (Freitag bis Sonntag) machten wir uns auf den Weg nach Jamaika. Den frisch gepflegten Schiffsmotor hatten wir auf der Strecke von Curacao nach Bonaire getestet. Er läuft gut, rund und alle getauschten Filter sind dicht. Die Fachleute von Wetterwelt sagten sehr gemäßigten Wind und Welle unter 1,2 m voraus. Für die über 600 Meilen lange Strecke nach Jamaika gute Bedingungen, zwar langsam, aber schlaglocharm. Für den ersten Schlag nach der halbjährigen Segelpause gut. So war wenigstens an Nachtschlaf zu denken. Der erste Tag auf See verlief wunderbar, bis zu dem Zeitpunkt als wir für die Nacht das Großsegel verkleinern wollten. Dieses Segel bringt uns noch um den Verstand – und es liegt nicht am Händling, die ersten Jahre ließ es sich ja auch wunderbar wegrollen. Mittlerweile ist das Segel etwas zu bauchig geworden, ist ja im Alter so, und so kam es mal wieder vor, dass sich beim Einrollen eine dicke Falte in die Mastnut zog und nichts mehr vor oder zurück ging. Mast frisst Segel. Kennen wir ja. Walter ließ sich überreden mich im Bootsmannstuhl am Mast entlang hochzuziehen damit ich mit dem Holzkochlöffel die Falte in die Mastnut drücken konnte. Es ging schwer, aber es ging und es war eine ziemliche Schleudertour. Für so eine blödsinnig überflüssige Aktion sind auf See mindestens 4 Arme und Hände zum Festhalten von Nöten. Wieder runter vom Mast, rollten wir das Segel aus und wieder ein und die Falte zog sich wieder rein. Die Sonne war mittlerweile fast untergegangen, Walter nahm HB-männchenartige Züge an, beschloss auf See keine weiteren Aktionen zu machen und nun steht das Großsegel mit einem Viertel seiner Segelfläche unbeweglich. Richtig doof, wenn man noch 500 Meilen vor dem Bug hat und das Großsegel ausfällt. Der Wind ließ immer mehr nach, zeitweise bis zur totalen Flaute, sodass wir jetzt schon 35 Stunden mit dem Motor mitschieben mussten. Zwischenzeitlich, Mittwoch 9:00 Uhr Lokalzeit, haben wir noch knapp 200 Seemeilen und kommen nach der Berechnung am Freitag um die Mittagszeit an. Nachtschlaf: erste Nacht ganz schlecht, zweite und dritte Nacht gut bis sehr gut. Wachwechsel im bewährten 6 Stunden-Rhythmus.
(Anm. d. R.: das Versenden von Mails mit dem Maritime Mobile Radio Service klappt prima)