Saison 2020_4

Sie hängt in den Seilen

OMG – ist der Standardausruf der aufgesetzt euphorischen Ami-Muttis. Immer und überall ist er zu hören. Oh-mein-Gott wäre heute erstmals angebracht gewesen. Die Sunrise wurde endlich wieder in ihr Element gehoben wurde. Natürlich war die dicke Motoryacht vor uns nicht rechtzeitig fertig geworden und wie zu erwarten stand George G. Durst III (der Dritte), der Werftmanager, am Vormittag bei uns am Schiff und fragte nach, ob wir wirklich heute eingekrant werden wollen. Und wie wir das wollten. Das Appartement hatten wir ja bereits schon einmal um vier weitere Tage verlängert und waren nach dem Frühstück mit dem restlichen Sack und Pack ausgezogen. Also hatten wir keine Bleibe und außerdem keinen Goldesel für die nötigen Golddukaten. Das einzusehen fiel dem Manager nicht sehr schwer, schließlich hatte er uns den Krantermin bereits in der letzten Woche zugesagt. Seine Mitarbeiter mussten die Motoryacht eben umparken um uns in die Seile hängen zu können. Bei allem Ärger, den wir hier haben – Kranfahren können sie. Millimetergenau. Immerhin.
Sogar der Servicetechniker kam, als die Sunrise schwamm, an Bord um zu sehen, ob der frisch gewartete Schiffsmotor ansprang und vor allem, ob die getauschten Filter dicht hielten. Ja, sie sind dicht, jetzt nach sechs Stunden noch und hoffentlich bis zum nächsten Service.
Morgen steht der Elektronik-Check auf dem Programm. Meine speziellen Lieblinge, das SSB Radio (umgangssprachlich die Funke) und das Pactormodem kennen immerhin noch die Bluetooth Verbindung zum alten Windowsrechner. Das habe ich schon gecheckt. Das Airmail-Programm startet auch und stellt die Frequenzen an der Funke um. Die Sailmail-Stationen hier in den USA haben auf meine Funkanfragen noch nicht geantwortet – das kriegen wir auch noch hin.
Wetterdaten krieg ich, aber aktuell nur übers Internet mit einem WLAN Hotspot vom Mobiltelefon aus. An Land und an der Küste kein Problem, aber ein paar Seemeilen draußen auf dem Atlantik ist nichts mit Mobilfunk und Co. Da muss die Funke das Wetter reinbringen.
Ansonsten sind wir gesund und munter und gehen in die erste Nacht an Bord seit sechs Monaten. Mal sehen wie der Nachtschlaf wird.