Ab in den Süden!
Die letzte Nacht im Wando-River war saumäßig kalt, so kalt, dass einem beim Zähneputzen die Selbigen aus dem Gebiss fliegen könnten. Unser alter Segelfreund Gerard, der das eine oder andere Mal mit uns im Oktober durch den NordOstseekanal gefahren ist, würde sofort seinen Kreislauf reduzieren und in den Winterschlaf fallen aus dem er erst wieder im Hochsommer erwachen würde.
Zitat Elke zu dieser Nacht: Ich habe nicht geschlafen – ich war schockgefrostet. Kurz nach sieben Uhr, die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich schon, steckt der Käpt’n seinen Kopf aus dem Niedergang. Das Deck ist trocken sagt er und tritt auf das Laufdeck. Um ein Haar hätte es ihn freiweg auf den Hintern gesetzt, es war nämlich überhaupt nicht trocken, sondern vereist. Er hält gerade so das Gleichgewicht und kommt erst mal wieder nach unten um eine Tasse Tee zu trinken. Nützt alles nichts, um kurz nach acht Uhr ist Hochwasser und wir müssen vor Hochwasser vom Steg weg. Bei ablaufendem Wasser ist die Strömung so stark , dass es die Sunrise auf den Steg und die Fender platt drückt. Manöver in diesem Tidenrevier nur bei Slack. Slack ist das Zeitfenster indem die Tide kentert, das Wasser sich entscheidet, dass jetzt die Gegenrichtung einzuschlagen ist. So etwa eine halbe Stunde vor und nach Hoch- oder Niedrigwasser. Unser Zeitfenster. Entgegen aller Regeln, nämlich nicht mit Straßenschuhen auf das Boot zu gehen, ziehe ich meine Wanderstiefel (mit Wollsocken) an, um bei der Leinenarbeit einen sicheren Stand zu haben. Die Bootsschuhe sind wie Schlittschuhe – kein guter Plan.
Der Ableger klappt prima, fast ohne unser Zutun entfernt sich die Sunrise mit Hilfe der Strömung gemütlich vom Steg, rückwärts wegziehen und ab in den Wando River – Kurs Süd. Immerhin knapp 15 Seemeilen. Die Sonne taut unterwegs das Deck auf. Wir stehen wie die Michelinmännchen da, Leggins unter der Jeans, T-Shirt, Wollpulli, Fleeceweste und Daunenjacke, Schal, Handschuhe und Mütze fehlen nicht. Kein Witz! Das kann man echt nicht glauben.
Der Hafenmeister der Charlestown Harbour Marina erwartet uns und legt uns zur Sicherheit gleich an einen Kopfsteg. Der Länge nach einparken geht auch bei Strömung. Er meint, gegen 13 Uhr kommt er wieder (Slack-Time) und weist uns dann in unseren endgültigen Liegeplatz ein. Kluger Mann. Der kann was. Außerdem lädt er uns gleich zur Oyster-Party im Hotelresort ein. Als Marinagast haben wir freien Zugang zu allen Hotel-Events (klar bezahlen wir das mit) aber unser Problem ist, dass wir dieses glibberige Austernzeugs nicht um alles in der Welt schlürfen mögen. Das ekelt uns Beide an. So hören wir etwas karibische steel drums Musik und ziehen uns zum gepflegten Mittagsschlaf zurück.
Ach ja, der interessierte Segler fragt sich sicher, ob ich das Problem mit dem AIS beheben konnte – ja konnte. Mit der weitgereisten ausgedruckten deutschen Beschreibung, die immerhin zwei DIN A 4 Ordner füllt. Früher hat Frau die RTFM noch ausgedruckt und nicht alles gegoogelt. Das hat den Vorteil, dass mit vielen bunten Leuchtstiften und Bäbbern (Post its) gearbeitet werden kann. War nicht alles schlecht in der Prä-Google Ära.